Immobilien in Ballungsgebieten werden besonders stark nachgefragt, jedoch ist nicht jede sofort bezugsfrei. Zudem sind vermietete Immobilien preiswerter zu erwerben, als bezugsfreie. Kann der neue Eigentümer seinem Mieter ohne Weiteres eine Eigenbedarfskündigung aussprechen? Welche Rechte hat der Mieter und was ist alles zu beachten. Im Expertenforum beantwortet dazu ein Rechtsanwalt und Notar aus Hannover wichtige Fragen.
Was bedeutet Eigenbedarfskündigung?
Die Eigenbedarfskündigung gilt für Wohnraummietverhältnisse und gehört zum ordentlichen fristgebundenen Kündigungsrecht des Vermieters. Die Eigenbedarfskündigung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB und gilt grundsätzlich für Wohnraummietverhältnisse, welche auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sind. Die Kündigung aus Eigenbedarfsgründen ist Ausfluss des Art. 14 GG, mithin also des Eigentumsrechts und wurde in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zugleich als Schutzrecht des Mieters ausgestaltet, da die gemietete Wohnung in der Regel seinen Lebensmittelpunkt darstellt. Somit sind abweichende Vereinbarungen im Mietvertrag gem. § 573 Abs. 4 BGB unzulässig. Grundsätzlich muss also der Vermieter an der ordentlichen Kündigung des Mietverhältnis ein berechtigtes Interesse haben, vgl. § 573 Abs. 1 BGB, welches u. a. in der Form von Eigenbedarf auftreten kann. Der Begriff Eigenbedarf ist i. S. d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB so zu verstehen, dass der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushaltes benötigt.
Wann ist eine Eigenbedarfskündigung erlaubt?
Hinsichtlich der Voraussetzungen einer wirksamen Eigenbedarfskündigung gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist auf die Art des Mietvertrages und den Zeitpunkt der Kündigung abzustellen.
Grundsätzlich ist eine Eigenbedarfskündigung nur bei unbefristeten Wohnraummietverhältnissen möglich, es sei denn, es liegt eine der Ausnahmen in § 549 Abs. 2, Abs. 3 BGB vor. Somit gilt die Vorschrift des § 573 BGB beispielsweise nicht für Wohnraum der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist. Des Weiteren ist der Zeitpunkt der Eigenbedarfsentstehung für die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung entscheidend. Grundsätzlich muss der Eigenbedarf nach Abschluss des Mietvertrages entstanden sein und zur Zeit der Kündigungserklärung und bei Ablauf der Kündigungsfrist vorliegen (vgl. Palandt/Weidenkaff, 75. Auflage, § 573 Rn. 29). Dieser Eigenbedarfsgrund muss über den Zeitpunkt der Kündigung hinaus Bestand haben. Sollte der Eigenbedarf schon bei Vertragsschluss absehbar gewesen sein, so trifft den Vermieter die Pflicht, den Mieter bei Vertragsschluss darauf hinzuweisen. Unterlässt er dies, so handelt er rechtsmissbräuchlich und macht sich schadenersatzpflichtig. Dies bedeutet aber gerade nicht, dass der Vermieter vor Vertragsschluss grundsätzlich dazu gehalten ist, jeden möglichen künftigen Eigenbedarf (vorab) ermitteln zu müssen (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 573 Rn. 30). In formaler Hinsicht ist noch auf die Voraussetzungen des § 573 Abs. 3 BGB hinzuweisen. Hiernach trifft den Vermieter im Falle der Kündigungserklärung die Pflicht zur ausführlichen Darlegung der Kündigungsgründe. Dies hat den Sinn und Zweck, dass der Mieter entsprechend auf die Kündigungserklärung reagieren kann. Sie ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Eigenbedarfskündigung.
Welche Fristen gelten bei einer Eigenbedarfskündigung?
Gemäß § 573 c Abs. 1 BGB ist die Kündigung bis spätestens zum 3. Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig (grundsätzlich greift somit eine Drei-Monats-Frist). Gemäß § 573 c Abs. 1 S. 2 BGB verlängert sich diese Kündigungsfrist bei Wohnraummietverhältnissen, welche seit 5 Jahren bestehen um weitere 3 Monate, bei solchen die seit mehr als 8 Jahren bestehen noch einmal um 3 Monate (maximal beträgt die Kündigungsfrist somit 9 Monate). § 573 c Abs. 2 und 3 BGB enthält diesbezüglich Ausnahmen, welche sich an den oben zitierten Ausnametatbeständen des § 549 Abs. 2 und 3 BGB orientieren.
Welches Widerspruchsrecht des Mieters gilt bei einer Eigenbedarfskündigung?
Ein Widerspruchsrecht des Mieters ist in § 574 ff. BGB geregelt.
Dieses Widerspruchsrecht dient dem Schutz des Mieters und soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die gemietete Wohnung der soziale Mittelpunkt des Mieters ist. Grundsätzlich kann der Mieter somit im Falle einer Kündigung durch den Vermieter immer auf dieses Widerspruchsrecht des § 574 BGB zurückgreifen. Gemäß § 574 Abs. 1 BGB kann der Mieter einer Kündigung durch den Vermieter widersprechen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushaltes eine Härte bedeuten würde. Hierdurch wird die – gerechtfertigte – Kündigung durch den Vermieter immer dann wirkungslos (vgl. insoweit die Beantwortung von Frage 7). Das Bestehen und die Erklärung eines solchen Widerspruchsrechts begründet einen Fortsetzungsanspruch des Mieters, wonach der Mieter verlangen kann, dass das Mietverhältnis so lange fortgesetzt werde, wie dies unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist, vgl. § 574 Abs. 1 BGB. Der Vermieter kann jedoch gem. § 574 a Abs. 1 S. 2 BGB verlangen, dass dies unter einer angemessenen Änderung der Mietbedingungen geschehe, sofern eine Fortsetzung dem Vermieter anders nicht zuzumuten wäre. Gemäß § 574 b BGB muss in formaler Hinsicht der Widerspruch des Mieters schriftlich bis spätestens zwei Monate vor Ende der Kündigungsfrist beim Vermieter eingehen. Auf das Bestehen dieses Widerspruchrechts und der Widerspruchsfrist hat der Vermieter gem. § 574 b Abs. 2 S. 2 BGB im Rahmen der Erklärung der Kündigung hinzuweisen.
Ob ein solcher Härtefall vorliegt, wird anhand einer Abwägung der berechtigten Interessen von Mieter und Vermieter ermittelt. Dabei zählen ausschließlich die Parteiinteressen, das Gericht kann diese Abwägung nicht unter Hinzufügung eigener Wertungen durchführen. Hieran wird auch deutlich, wie wichtig eine ausführliche und präzise Begründung der Eigenbedarfskündigung ist. Denn die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Bestehens eines Eigenbedarfsgrundes trägt der Vermieter, sodass eine ausführliche Darlegung des Eigenbedarfs im Kündigungsschreiben geboten ist.
Was sind Bedarfsgründe für eine Eigenbedarfskündigung?
Eigenbedarf bedeutet grundsätzlich, dass der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt, vgl. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Hierbei ist zu beachten, dass dem Eigenbedarf des Vermieters nicht entgegensteht, dass ihm eine andere vergleichbare Wohnung zur Verfügung steht. Hier ist, wie oben dargelegt, grundsätzlich die Vermieteransicht maßgeblich, jedoch ist es ständige Rechtsprechung, dass der Vermieter dem Mieter die freistehende Wohnung als Alternative anbieten muss, wenn eine solche vorhanden sein sollte. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist Ausfluss des Art. 14 GG, steht somit nur dem Vermieter als Eigentümer zu.
Was bedeutet Kauf bricht nicht Miete?
Dieser Grundsatz gilt bei dem Verkauf und der Übereignung von vermietetem Wohnraum, einschlägig ist hier die Vorschrift des § 566 BGB. In dessen Absatz 1 wird bestimmt, dass dann der Erwerber anstelle des Vermieters in das Mietverhältnis eintritt. Hiermit wird also der Grundsatz durchbrochen, dass Verträge grundsätzlich nur die Vertragsparteien binden. Dies bedeutet, dass alle vor dem Eigentumswechsel entstandenen und fällig gewordenen Rechte beim bisherigen Vermieter (Veräußerer) bleiben (dies gilt beispielsweise für die Zahlung des Mietzinses und etwaiger Nebenkostenvorauszahlungen oder Nebenkostenpauschalen). Entscheidend ist hier also das sog. Fälligkeitsprinzip, nach diesem entscheidet sich, welche Rechte dem Veräußerer bzw. dem Erwerber zustehen. Mithin bleiben schon fällige Ansprüche beim bisherigen Vermieter. Jedoch können die bis zum Eigentumswechsel entstandenen Ansprüche an den Erwerber abgetreten werden.
Welche Härtegründe sprechen gegen eine Eigenbedarfskündigung?
Dies ergibt sich insbesondere aus § 574 Abs. 2 BGB, wonach eine Härte vorliegt, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann. Hierbei ist entscheidend, ob Ersatzwohnraum zu wirtschaftlich und persönlich zumutbaren Bedingungen zur Verfügung steht oder nicht. Grenze ist hier die ortsübliche Miete.
Zur Suche nach solch einer Wohnung ist der Mieter grundsätzlich ab Kündigung verpflichtet, diese Pflicht begrenzt sich nicht nur auf das bisher bewohnte Wohngebiet. Für den Mieter können auch andere Gründe berücksichtigungsfähig sein, z. B. das Nichtvorhandensein von Schulen für die Kinder im näheren Umfeld o. ä. Letztlich muss hier zwischen den verschiedenen Interessen abgewogen werden. Für den Vermieter können auch andere Gründe berücksichtigungsfähig sein, beispielsweise die Erfüllung öffentlicher Interessen der Gemeinde, welche Wohnraum benötigt oder auch Streit mit dem Mieter oder einem seiner Familienangehörigen bis hin zur Zerrüttung des Mietverhältnisses. Hier ist letztlich eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen.
Welche Alternativen gibt es zur Eigenbedarfskündigung?
Zur Beantwortung dieser Frage ist grundsätzlich zu beachten, dass der durch § 573 BGB für den Mieter gewährte Kündigungsschutz bereits mit Vertragsschluss zu laufen beginnt. Eine einseitige Umgehung dieses Kündigungsschutzes ist daher aus Gründen des Mieterschutzes nicht vorstellbar und wäre rechtsmissbräuchlich. Es bleiben somit nur noch die anderen gesetzlichen Möglichkeiten einer Kündigungserklärung durch den Vermieter, mithin also die außerordentliche fristlose Kündigung gem. §§ 549, 543, 569 BGB. Diese setzt jedoch in der Regel das Vorliegen eines Verschuldens des Mieters hinsichtlich der Wahrung seiner vertraglichen Pflichten voraus. Darüber hinaus gibt es in den gesetzlich angeordneten Fällen auch eine Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist, vgl. § 573 d BGB, beispielsweise wäre dies beim Tod des Mieters möglich, vgl. § 580 BGB.
Daneben gibt es in besonderen Konstellationen noch die Möglichkeiten der erleichterten ordentlichen Kündigung durch den Vermieter. Bewohnen beispielsweise der Vermieter und der Mieter das gleiche Gebäude und sind nicht mehr als zwei Wohnungen vorhanden, so kann der Vermieter gem. § 573 a Abs. 1 BGB kündigen ohne ein besonderes Interesse daran haben zu müssen, auf Eigenbedarf käme es insoweit nicht an. Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit einer Teilkündigung durch den Vermieter gem. § 573 b Abs. 1 BGB. Hiernach kann der Vermieter hinsichtlich nicht zum Wohnen bestimmter Nebenräume oder Teile eines Grundstücks ohne das zwingende Vorliegen eines berechtigten Interesses kündigen, wenn er diese Räume oder Grundstücksteile dazu nutzen will, hieraus Wohnraum zu schaffen. Letztlich sind diese Möglichkeiten aber immer von den tatsächlichen Umständen abhängig, auf die man in der Regel keinen Einfluss hat. Als wirkliche Alternative zur ordentlichen Kündigung bietet sich daher einzig die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrages im Falle des Eigenbedarfs an. Dies ist jedoch von der Mitwirkung des Mieters und dessen Einverständnis abhängig.
© Prof. Dr. Martin Notthoff, Göhmann, Rechtsanwälte, Notare, Hannover
Für diesen ausführlichen Beitrag bedanken wir uns bei Prof. Dr. Martin Notthoff, Rechtsanwalt und Notar, Göhmann, Rechtsanwälte, Notare, Landschaftsstr. 6, 30159 Hannover, Telefon 0511 30 277 0