Brot und Spiele
Die Bundestagswahlen sind schon lange vorbei, Koalitionsverhandlungen abgeschlossen und „…alle Jahre wieder…“ werden erst mal die Diäten erhöht. Grund genug, den geneigten Wähler nun erst mal zu besänftigen.
Mietpreisbremse oder Einheitsmiete?
Medienberichten zufolge haben sich Big-Siggi und Super-Angie für ein „Paket für bezahlbaren Wohnraum“ eingesetzt, die sogenannte Mietpreisbremse.
Die Theorie
Geringverdiener sollen, nachdem die Mieten gedeckelt werden, in den Genuss von bezahlbaren Wohnraum kommen.
Der Plan
Wird eine Wohnung neu vermietet, soll die künftige Kaltmiete nicht höher als 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Hannover besitzt dafür einen qualifizierten Mietspiegel.
Wurde die Rechnung ohne den (Haus-)Wirt gemacht?
Die Praxis sieht so aus: Das letzte Wort, wer die Wohnung nun wirklich bekommt, hat immer noch der Vermieter. In aller Regel wird er sich für den zuverlässigsten, solventesten und sozialsten Mietinteressenten entscheiden und das werden, bei mithin 50 Mietinteressenten mehr, immer diejenigen sein, die mehr Netto auf die Waage bringen.Hat der Vermieter obendrein für viel Geld umfangreich durch Modernisierungen den Wohnwert der Immobilie gesteigert und darf nun diese Kosten nicht mehr auf die neue Miete umlegen, wird er sich Auswege suchen.
Eine Immobilie zu bewirtschaften kostet Geld.
Moderne Heizung, zeitgemäße Elektrik, Wohlfühlbad, großer Sonnen-Balkon, Gäste-WC, schmucker Altbau, besondere Wand- und Bodenbeläge oder Einbauküche kosten viel Geld. Nicht nur Material, sondern auch Handwerker wollen fair bezahlt werden. Genau deshalb sind solche Extras, genauso wie beim Autokauf, nicht selbstverständlich. Mehr Komfort kostet eben auch mehr. Mietspiegel und ortsübliche Vergleichsmiete erkennen dies allerdings nur bedingt an.
Die Rechnung
Eine 100 m² große Altbau-Wohnung wird in Hannover Südstadt für 135.000 € gekauft. Diese wird mit 3,5% Zinsen voll finanziert (394,- € monatlich, exklusive Tilgung). Für 40.000 € Eigenkapitaleinsatz findet eine Komplettsanierung statt (großer Balkon, neue Fenster, Heizung, Elektrik, Installation, Vollbad, Gäste-WC, Renovierung). Die Kosten wären zu 11% umlegbar und würden sich mit 367,- € auswirken. Nun soll die Wohnung als „Erstbezug nach Sanierung“ vermietet werden. Nur um die Kosten/ Zinsen wieder rein zu bekommen, sind 761,- € Netto notwendig.
Gemäß qualifiziertem Mietspiegel der Landeshauptstadt Hannover verfügt die 1914 gebaute Wohnung über 12 Ausstattungsmerkmale, in guter Wohnlage und max. 6,54 €/ m² (Netto) ortsübliche Vergleichsmiete. Die Mietpreisbremse lässt eine Abweichung bis 10% zu, also 7,19 €/ m² = 719,- € Netto.
Bei 719,- € Netto zahlt der Vermieter jeden Monat 42,- € drauf; 761,- € Netto sind sozusagen „+/- 0“ und die nächsten 4,5 Jahre darf nichts kaputt gehen und/ oder kein Mieterwechsel stattfinden. In der Nachvermietung wäre die Wohnung nicht mehr „neu“, also kein „Erstbezug nach Sanierung“. Eine angemessene Miete müsste mindestens 850,- € Netto bringen, um Rücklagen zu bilden und bei 40.000 € Eigenkapitaleinsatz immerhin noch 2,7% Rendite vor Steuern abzuwerfen.
Die Folgen:
– befristete Mietverträge, Staffel- und Indexmieten
– überteuerte Abstandszahlungen
– Bruttoinklusivmieten
– Geringverdiener haben faktisch gar keine Chance mehr, eine Wohnung mitten in der Stadt zu bekommen, weil bei gedeckelten Mieten vor allem die Bonität die alles entscheidende Rolle bei der Mieterauswahl spielen wird.
Alternativen?
– hässliche Wohnungen und verwaiste Innenstädte
– Renovierungs-/ Sanierungsstau, d.h. der Mieter muss zukünftig in seine Wohnung selbst investieren, ohne dies honoriert zu bekommen, weil der Vermieter nur das Notwendigste macht